Kann man mal so machen

Warum auch nicht?

Laut Wetterbericht sollte es heute durchwachsen werden. Als Konstante der letzten Tage hatten wir natürlich durchgehend Wind. Ansonsten gab es zwischen „Vielleicht ein bisschen Schnee“ bis „Die Sonne ballert“ eigentlich alles im Wetterbericht. Da wir es sowieso nicht beeinflussen können, sind wir einfach mal in den Tag gestartet. Was soll auch passieren?

Wir spulen kurz vor. Knapp 12 Stunden später sitze ich wieder im Hotel und habe Sonnenbrand. Das kann also passieren. Beschwere ich mich deshalb? Natürlich nicht! Ich möchte mit diesen blumigen Worten nur schon mal vorwegnehmen, dass sich der Tag durchaus gelohnt hat.

Als wir nachdem Frühstück ins Auto stiegen, regnete es recht ordentlich. Mit den Erfahrungen der letzten Tage hatten wir die Hoffnung, dass der Regen aber spätestens am nächsten Berg hängen bleibt und wir damit auf der anderen Seite im Sonnenschein landen. Ziemlich genau so kam es dann auch.

Nach einer guten Stunde Fahrt durch die isländische Sonne, kamen wir zum Goðafoss. Wenngleich die Sonne und der blaue Himmel nach besten Bedingungen aussehen, es gibt eine Schattenseite. Wind und Kiesel sind echt eine gemeine Kombination. Vermutlich kommt der Tag und ein esoterischer Mensch findet raus, dass es sich hierbei um die isländische Variante der Akupunktur handelt. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich mein Augenlicht schon relativ gern habe und deswegen mit kleinen Steinen im Auge daher tendenziell nicht glücklich bin. Für das ein oder andere schöne Bild hat es dann aber doch noch gereicht.

Wasser, Luft und Steinchen

Die Reise sollte dann entlang der Ringstraße in ein hochspannendes Gebiet führen. Namentlich kamen wir zum Námafjall. Falls jemand diesen Text laut liest: das „á“ spricht sich wie ein „au“ und die Isländer neigen dazu, vor einem Doppel-L ein „d“ oder „t“ einzubauen – wir waren also beim Naumafjatll.

Kleine Randgeschichte dazu. Das ganze Gebiet wird relativ stark zur Stromgewinnung genutzt. Dafür wird heißes Wasser beziehungsweise der Dampf verwendet. Das „Abwasser“ ist von der Sache her wunderbar sauber, allerdings dann nicht mehr heiß genug, um Energie zu gewinnen. Es wird daher in ein Becken geleitet und darf wahlweise versickern oder eben kondensieren – worauf es eben Lust hat. Die berühmte blaue Lagune von Island ist auf diese Art entstanden. Was viele Leute nicht wissen ist, es gibt noch mehr solcher „Seen“. Einer von ihnen ist genau neben dem Kraftwerk des Námafjall.

Quietschblau

Viel wichtiger als der quietschblaue See ist für diesen Blog allerdings, dass ich dieses Foto im T-Shirt machen konnte ohne zu frieren. Wenn in Island T-Shirt Wetter ist, kann nur ein guter Tag sein.

T-Shirt + Sonnenbrille = läuft

Neben dem Kraftwerk ist das ganze Gebiet aber eigentlich ein aktiver Vulkan. Es ist schon verrückt, wenn man sich das so überlegt. Unter einem kocht die Erde. Aber nicht erst in 100 Metern, nein. Nimm dir eine Schippe und grab 1-2m und die Chancen stehen gut, dass du etwas findest, was bereits kocht.

Ohne Schippe aber mit Kamera ging es dann durch das abgesteckte Gelände. Vielerorts blubbert eine graue undefinierte Flüssigkeit aus dem Boden. Ein Geruch von faulen Eiern liegt in der Luft und man bleibt kurz bei dem Gedanken hängen, dass es hier wohl das fotogenste lebensfeindlichste Gebiet ist, in dem man je war.

circa 400°C heißer Blubb

Neben den Löchern, in die man gern mit respektvollen Abstand schaut, gibt es hier noch ein paar ordentlich stinkende Steintürme. Die Pupser stehen hier an mehreren Stellen rum und sind ein beliebtes Fotomotiv für alle, die mit strengen Gerüchen gut zurechtkommen. Ich zähle mich zu dieser Kategorie Mensch und deshalb dürft ihr nun folgendes Foto sehen.

Mount Pups

Vom stinkenden Feld ging es für uns dann weiter zu einem Vulkan des Gebiets – dem Krafla. Genau genommen ist der Krafla das ganze Gebiet und theoretisch ist jeder Hügel ein potentieller Vulkan. Das, was handelsüblich aber als Krafla bezeichnet wird, ist eben ein Teil des Vulkans, in dem sich ein See befindet. Man kann oben am Rand langschlendern und den See von fast allen Seiten sehen.

Vulkan von oben

Und auch hier ist es kaum greifbar, was für ein Naturspektakel man gerade erlebt. Wir haben hier einen Berg mit einem eisigen See und ein paar Meter darunter, ist Magma am Werk und wartet wohl nur auf den richtigen Moment, um sehr vielen Touristen den Urlaub zu versauen. Und was machen die Isländer mit all dem? Richtig, sie gewinnen Energie.

Kraftwerk direkt am Vulkan

Und weil das alles noch nicht beeindruckend genug ist, gibt es daneben dann auch noch etwas für die Kuriositäten-Abteilung. Unweit des Vulkans findet sich ein kleiner Parkplatz und in der Mitte des Parkplatzes: Genau, eine Dusche. Kann man mal so machen.

kostenlos duschen gefällig?

Offiziell weiß übrigens niemand, warum diese Dusche dort steht. Die wahrscheinlichste Theorie hat mal ein isländischer Sender aufgestellt: Das Kraftwerk hat bei Bohrungen eine Quelle getroffen, die es nicht für eigene Zwecke nutzen konnte. Am nächsten Tag stand dann eben eine Dusche dort. Man findet im Internet auch noch Bilder, dass es dort eine Toilette und ein Waschbecken gab. An das Waschbecken kann ich mich sogar erinnern, dass haben wir 2018 auch noch gesehen. Und wer mit dem Gedanken spielt dort duschen zu wollen: Das Wasser hat gute 40°C – viel Spaß.

Genug von Duschen im Nirgendwo. Wir kommen zum Star des heutigen Tages. Wir sind weiter zum Dettifoss. Der wohl mächtigste Wasserfall überhaupt. Wir sprechen hier von einer Naturgewalt, die mich bislang wirklich jedes mal sprachlos gemacht hat. Wenn man davor steht, wird man Sekunde für Sekunde kleiner. Es handelt sich hier um ein Monster in Wassergestalt und heute wurde auch noch mal sehr deutlich, dass das keine Übertreibung ist.

Letztes Jahr war es noch so, dass man zum Dettifoss ging und auf einem hochgelegen Plateau die ersten Eindrücke sammeln konnte. Hat man hier genug gestaunt, ging es eine Treppe nach unten und man hatte weitere Plattformen, wo man diesem Ungetüm sehr nahe sein konnte. Heute war die Treppe abgesperrt und unten… es gab keine untere Plattform mehr. Im April ist der Dettifoss als Flut über das Gebiet gewalzt und hat ein gesamtes Areal überschwemmt und verwüstet.

Sperrzone Dettifoss

Mitnichten war ich nun traurig darüber, dass ich nicht näher ran konnte. Im Gegenteil – mit offenem Mund stand ich im oberen Bereich und konnte gar nicht glauben, mit welcher Wucht hier das Wasser hier getobt haben muss.

Man muss sich das mal vorstellen – hier fließen mehrere Millionen Liter Wasser in einer Minute und richten für gewöhnlich keinen Schaden an. Was für eine Macht muss hier gewütet haben, damit noch mehr Wasser soviel Zerstörung anrichtet? Wer sowas mal live sieht und nicht beeindruckt ist, dem kann ich leider auch nicht helfen.

Rechts war alles mal begehbar

Ihr seht hier übrigens gerade die Westseite des Dettifoss. Die Ost-Seite ist aktuell noch gesperrt. Ich habe dazu keine verlässliche Information gefunden, da es in dem Gebiet aber auch noch Eiswände gibt und die Infrastruktur auf der anderen Seite selbst an guten Tagen instabiler anmutete, vermute ich, dass die Flut hier auch ihr Unheil getrieben hat.

Insgesamt staunte ich fast eine Stunde lang, wie der Wasservorhang hier ins Tal donnert und so tut, als wäre nichts gewesen. Falls es euch irgendwann auch mal nach Island verschlägt. Der Dettifoss ist Pflicht für jede Tour.

Einfach WOW!

Ich bin gespannt, ob die untere Plattform wieder aufgebaut wird. Sollte das so kommen und ich die Chance haben nochmal dorthin zu gehen, ich werde recht sicher mit sehr viel Ehrfurcht und Respekt dastehen.

Wir hatten damit unser Tagesziel erreicht. Um jetzt nicht die gleiche Tour zurück zu fahren, sind wir nach Norden um den gesamten Fjord herum gefahren. Auf der Strecke, so hatten wir vorab gesehen, sollten auch noch ein paar schöne Fotostopps auf uns warten.

Der erste Stopp waren die Klippen von des Öxarfjörður. Gestern hatten wir andere Klippen noch gemieden weil wir dachten, es wäre dort zu windig. Erstaunlicherweise waren die Klippen heute der Ort, wo es am wenigsten Wind gab. So kann man sich in Island irren.

Beweisbild – ich stand am Abgrund

Ich habe es ja nicht so mit Höhen und war deswegen hier recht hin- und hergerissen. Einerseits war es wirklich schön die Tiefe und die Entfernung gleichzeitig zu sehen. Andererseits… es ist schon echt hoch und die tollkühnen Vögel, die auch hier kein Interesse an der Erdanziehungskraft zeigen, machen es nicht besser.

Der Straße folgend kamen wir nach Husavik. Als Hauptstadt der Walbeobachtungen scheint Husavik sich gut zu entwickeln. Man hat durchaus das Gefühl, in einer kleinen florierenden Stadt zu sein. Für uns ging es trotzdem nur kurz in den Supermarkt. Heute Abend soll es nämlich noch mal selbstgemachte Hotdogs geben und ohne Würstchen, wird das nichts.

Direkt neben Husavik gibt es dann noch einen Parkplatz mit einer sensationellen Aussicht. Das Wetter meinte es (wie schon den ganzen Tag) gut mit uns und wir konnten die wilde See vor den imposanten Bergen begutachten. Auch hier – kann man mal so machen.

Wohnen, wo andere Urlaub machen – Husavik-Edition

Auf dem Heimweg hat die Sonne dann noch mehr Platz eingenommen. Das Thermometer stieg auf 15°C und ich saß im Auto und machte das, was man bei 15°C macht – ich fing an zu schwitzen. Zu meiner Verteidigung sei gesagt, dass ich über meiner Wanderhose auch noch eine Thermohose anhatte.

An einer kleinen Ausbuchtung neben der Straße beschloss ich dann, mich eben jener Thermohose zu entledigen. Pünktlich zu diesem Unterfangen gesellte sich der Wind wieder zu uns. Tja und so entstand das folgende Bild, welches als krönender Abschluss für den Tag nicht fehlen darf.

Windhose in Island

Morgen geht es dann in den Osten der Insel. Wir wollen nach Seyðisfjörður. Letztes Jahr war dies der Ort, wo das Unheil mit dem Sturm seinen Anfang nahm und wir auf einmal für zwei Tage feststeckten. Es war aber auch die Zeit, wo wir merkten, dass diese Ecke Islands noch einiges für uns zu bieten haben könnte.

Die Hoffnung ist, dass wir idealerweise nicht stranden und ganz viele tolle neue Eindrücke gewinnen werden. Ich werde sehr sicher berichten.

In diesem Sinne

Habe die Ehre
X

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s