nur etwas für Leute die irgendwo ankommen wollen!
Und es kam dann so, wie es eben kommen musste. Meine Frau Gattin ist mein Navigationssystem. Während im Auto Google Maps ihre Dienste halbwegs gleichwertig ausgleicht, habe ich heute feststellen müssen, dass das beim Wandern durch die Berge eine andere Geschichte ist.
Der Tag ging damit los, dass ich in Garmisch Partenkirchen einen kostenfreien Parkplatz gefunden habe. Einfach so. Und so verrückt wie das ist, war der auch nur gut für meine Wanderung gelegen. Da ich konditionell durch meine Operation etwas abgebaut habe, haben meine Naivität und mein Ehrgeiz kurzerhand eine 17km Bergtour für den Start auserkoren. Der Kramer und sein Kramersteig waren mein Ziel. Mir war jedoch auch schon vor dem losgehen klar, dass es diese Tour am Ende recht sicher nicht werden wird.
Aus dem Auto ausgestiegen, war da eine andere Hundebesitzerin. Es stellte sich heraus, dass sie einheimisch ist und sich dazu auch noch bestens in den Bergen auskennt. Sie zeigte mir einen kleinen versteckten Fußweg hinter ein paar Eigenheimen und schon war ich mittendrin. Mittendrin im Wandern und mitten in der Skepsis, ob ich jemals einen Weg zurück finden werde.

Aber ich lasse mich ja auch nicht so schnell beirren (oder war es belehren?) und so wanderte ich auf einem illustren Weg schon relativ steil nach oben. Die Aussicht ließ mich dabei beinahe vergessen, dass so eine Steigung für die Kondition durchaus herausfordernd ist.

Gleichzeitig habe ich erfahren, dass meine Schweißdrüsen diverse neue Drainagen gelegt haben und mein Puls auf sehr schnellen Techno steht. Aber hey, die Aussicht war wirklich mega und so war ich zu diesem Zeitpunkt noch immer richtig gut drauf.

Ein nasses T-Shirt und 15 Minuten später kam ich dann bei der ersten Alm an. Es sollte sich herausstellen, dass man auch bei dieser Alm kostenfrei parken hätte können…. nicht drüber nachdenken. Der Weg war ja bis hierhin schon mal ganz schön.

Nach der Alm ging es auf den Kramerplateauweg. Es war warm, ich war schweißgebadet und die Stimmung bei Toni und mir ungebrochen gut. Der Weg war sehr angenehm zu gehen und die Aussicht blieb sensationell.


Wenig später stellte ich fest, dass meine Kameraohne mein Wissen begonnen hat, meine Wanderung für die Nachwelt festzuhalten. Und was soll ich sagen… es kann sich sehen lassen. Berge, eine Fliege und Mount Nase.

Es ist vielleicht auch gut, dass nicht mehr von mir zu sehen war. Konditionell war ich an dieser Stelle bereits völlig im Eimer. Man darf sich das etwa so vorstellen: 10m gehen = 5 Minuten Pause. Wer das für symbolische Werte hält, unterschätzt meinen Willen eine Schnapsidee durchzuziehen. Ich habe wirklich Ewigkeiten gebraucht um halbwegs Meter zu machen.
Ich habe mich dann an der Wander-App Komoot orientiert. Komoot behauptet, dass ich nur noch 200m von einem Wasserfall entfernt bin. „Ja, geil!“ dachte ich bei mir und fühlte neue Lebensgeister. Wenngleich diese auch nur für die nächsten 20m hielten, so war zumindest eine neue Verhandlungsbasis geschaffen. Vielleicht geht es nicht auf den Gipfel sondern eben nur bis zu ein paar Highlights auf dem Weg.
Und so hatte ich mein Handy in der Hand und Komoot zählte artig runter. 200m….. 190m….. 180m…. 170….. 350m… Während ich mich über diese fragwürdige Entfernungsermittlung wunderte, sagte mir ein nächster Screen der App, dass ich mich gerade mit 18km/h bewege. Mich beschlich der Gedanke, dass daran etwas nicht stimmt.
Ungeachtet dieses technischen Malheurs kämpfte ich mich weiter vorwärts und wurde schließlich mit einem Wasserfall belohnt. Viel wichtiger dabei: Dort gab es einen Stein der ganz wunderbar als Hocker diente.


Während ich da so saß und feststellte, dass ich nicht wesentlich trockener bin, als der Wasserfall, schaut ich erneut auf Komoot. Die Route, die ich gehen wollte war noch immer 6km lang. Bis hierhin waren es gerade mal 2km. Das wird so nix…
Aus dem Moment heraus wählte ich einen sehr hübschen Grat in der nähe des Gipfels. Komoot rechnete und behauptete dann, dass das nur 1,3km weg ist und ich in gut 1,5h da sein könnte. Ich müsste nur zurückgehen und einen anderen Weg hochgehen.
Ehrlich gesagt hatte ich schon dort meine Zweifel. Die wurden auch nicht besser, als ich an der Kreuzung stand und sah, wo mich Komoot langschicken will.

Erinnerungen an gestern wurden wach, als mich mein Gastgeber auch einen Wald- und Wiesenweg entlang schickte und ich tatsächlich in wenigen Minuten am Ziel war. Könnte es sein, dass Komoot und mein uriger Gastgeber gemeinsame Sache machen? Die kurze Antwort lautet: Nein.
Ich fand einen Trampelpfad mit einer gefühlten Steigung von 45%. Mein Kampf auf den Berg ging in die nächste Runde und ich war gewillt alles für den Erfolg zu geben. Und dann schaute ich erneut aufs Handy und musste feststellen, dass ich zwar einen Trampelpfad gehe und per se auch in die richtige Richtung aber Komoot wollte mich doch lieber woanders haben.

Je weiter ich dem Pfad folgte, desto mehr entfernte ich mich von meinem eigentlichen Ziel. Ich entschied mich spontan dafür mein Ziel einmal mehr zu ändern. Dann geht es jetzt eben nicht auf den Grasgrat sondern…. öhn,… da ist ein Brunnen auf 1500m Höhe. Natürlich, denn als damals Bauer Sepp sich diesen Pfad hochgequält hat, stand er irgendwann auch an der Baumgrenze und dachte bei sich „ja mei…. hier fehlt a Brunnen“ und dann hat er eben einen gebaut.
Und da sich außer mir augenscheinlich niemand sonst auf diesen denkwürdigen Pfad begibt und der liebe Sepp, wo auch immer er jetzt ist, sicher traurig wäre, dass niemand seinen Brunnen besucht….
Es verging eine gute Stunde auf diesem „Weg“. Die Natur war wirklich schön und in Summe habe ich vieles genossen. Der Brunnen wollte aber nicht so recht auftauchen.

Funfact: Wenn man so langsam an die Baumgrenze kommt und es circa 30 Grad im Schatten sind, ist es einfach ein sehr ungünstiger Moment um festzustellen, dass die Sonnencreme in der Hütte liegengeblieben ist.
Als ich auf eine kleine schattige Lichtung kam, gönnte ich mir ein bisschen Wasser und einen Anruf bei der Familie. Liebes Berlin: In Bayern kann ich auf einem Berg stehen und habe perfektes Internet, warum geht das mitten in der Hauptstadt nicht? Anderes Thema
Mit Blick auf Garmisch und die dahinterliegenden Berge fragte ich mich nun langsam doch, ob ich meinen Ehrgeiz nicht abschalten sollte. Der Weg führt augenscheinlich zu nichts und Tatsache ist, dass an manchen Stellen keine zwei Füße nebeneinander gepasst hätten und es daneben doch recht steil runter ging. Komoot sollte noch einen Pfeil im Köcher haben. Laut der App ist der Brunnen nur noch 26 Meter entfernt.
Na gut, die paar Meter machen den Kohl nicht fett…


Nun sollte es zurück gehen. Allerdings hatte ich wirklich Respekt vor dem Weg, auf dem ich herkam. Ich hatte also einmal mehr die naive Hoffnung, dass mich Komoot auf etwas sichereren Wege zurück in die Zivilisation schickt. Der Anfang war ja auch recht simpel – einfach den Weg zurück, den ich die letzte Stunde gegangen bin.
An einem kleinem Wasserfall meinte die App dann „Geh mal da lang….“ und ich weiß nicht ob es ein Sonnenstich war, Dummheit oder Wassermangel – ich hörte auf die App und ging los. Voller Zuversicht und dem guten Gefühl gleich irgendwo anzukommen. Es sollte anders kommen. Positiv betrachtet ist dadurch dann aber eine Bildreihe entstanden, die ich liebevoll „Lost im Gebirge“ getauft habe.




Ich bin durch kleine Flüsse gelaufen, habe mich an Kletterseilen wirklich steile Wege hochgezogen und bin durch viel mehr Spinnenweben gelaufen, als mir lieb ist. Mittlerweile war ich gute 4 Stunden im Berg. Immerhin ein Erfolg, war ich doch nach 15min schon völlig platt. Ehrlich gesagt war ich das aber immer noch. Währenddessen Toni…

Ich kann jedoch auch berichten, dass ich einen kleinen Moment für mich hatte. An einem Mini-Wasserfall wollte ich gerade ein Selfie machen, als ein Schmetterling um mich tanzte. Ich denke, viel mehr Disney-Prinzessin werde ich nicht mehr.

Letztlich habe ich es dann doch irgendwann nach unten geschafft. Nach knapp 6 Stunden war ich wieder am Parkplatz und einfach sehr froh, dass ich dieses Abenteuer irgendwie gepackt habe.
Nach einem kurzem Stopp beim Rewe und einer dringend nötigen Dusche in meiner Hütte stellte ich fest, dass ich bislang immer falsch meine Blogs schreibe. Richtig ist: Im Garten sitzen, Bierchen dazu und einen müden Hund im Gras haben, der vor sich hinschnarcht.

Da es aber gerade mal kurz nach 16 Uhr war, bin ich noch mal los. Der Staffelsee ist gleich nebenan und es gibt einen schönen Spot für die Drohne.
Toni war davon weniger begeistert und wollte nicht mehr wirklich viel laufen. Wir sind also nur kurz hin und wieder zurück. Für ein paar Fotos hat es dennoch gereicht.




Morgen soll es noch ein wenig wärmer werden. Ich bin schon gespannt, was ich dann berichten kann.
Habe die Ehre
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Wundervoller Bericht👍😊 mich hat Komoot letztes Jahr in Dänemark vor dem absoluten „lost in nowwhere“ bewahrt 😂🙈
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Ich mag die App eigentlich auch und das bisschen Verlaufen in den Bergen wird daran letztlich auch nichts ändern 😉
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