Geschichten aus Island

Von Sagen, Wasserfällen und Menschen

Gestern Abend ist es nun also passiert. Wir saßen im Restaurant und wollten Essen bestellen. Nach unseren 2 Monaten Sprachkurs tun wir das selbstredend in isländisch. Das ist solang cool, wie die Bedienung auch isländisch spricht. Es war schon irgendwie enttäuschend auf englisch zu bestellen. Immerhin war das Essen gut.

Ich wollte diesen Absatz gerade mit folgendem Satz starten: Wir sind heute im selben Hotel aufgewacht, in dem wir gestern schlafen gegangen sind. Es hat vielleicht auch einen Grund, warum ich keine Bücher schreibe. Das kann eigentlich nur ein guter Blogeintrag werden. Inhaltlich ist die Aussage trotzdem überraschend richtig. Das Ziel des heutigen Tages sollte dann ein Hotel in der Nähe von Akureyri werden. Das bedeutet etwa 3h Fahrt oder andersrum gerechnet – genug Zeit, um den Tag mit diversen Dingen zu füllen.

Der erste Stopp der Tour führte uns in eine Ruine. Einmal mehr wird deutlich, dass der Zerfall in Island omnipräsent ist. Hier war es wohl ein alter Gutshof oder ein Gasthaus. Für den Laien liegen da einfach viele Steine und hier und da erkennt man vielleicht mal etwas, was früher eine Mauer war. Spannend ist das trotzdem und für den Touri in mir hat es auch schon gereicht, dass die Aussicht schön war.

Kleine Geschichte dazu – ohne den Anspruch, dass sie stimmen muss. Ich hab das irgendwann mal aufgeschnappt und finde es ganz charmant. Es war in Island mal so, dass gezählt werden sollte, wie viele Reisende in ein Gasthaus einkehrten. Es gab dazu den Erlass, dass jeder Reisende, wenn er das erste mal ein Gasthaus betritt, einen Stein hinlegen muss. So entstanden in kurzer Zeit die Steintürme, die man auch heute noch auf Wanderrouten findet.

Wir waren hier!

Wir folgten der Buckelpiste dann noch ein Stündchen gen Norden. Hier sollte Großes auf uns warten und auch dazu kenne ich eine Geschichte. Dazu müsst ihr wissen, dass in Island Trolle und Elfen neben den Menschen leben. Während Elfen durch das Handeln der Menschen entscheiden, ob sie einem wohlgesonnen sind oder eher nicht so, tendieren Trolle dazu etwas grob zu sein. Und so soll es seiner Zeit passiert sein, dass ein Troll im Wasser stand und von dort eine Kirche mit Steinen bewarf. Natürlich nahm er am liebsten die großen Steine. Als aber keine großen Steine mehr zu finden waren, suchte der Troll nach anderen Dingen, um sie zu werfen. Die Geschichte will es, dass er nichts weiter fand und seine Suche so intensiv fortsetzte, dass er den Sonnenaufgang verpasste. Als die ersten Sonnenstrahlen in trafen, erstarrte er zu Stein. Blöd für ihn – aber auf jeden Fall ein gutes Foto für mich.

Hvítserkur

Die Geschichte hätte für mich nur noch dann mehr Charme gehabt, hätte der Troll die Steine auf laute nervende Touristen geworfen. Fürs Protokoll – ich mag Natur. Menschen… puh.. geht so. Also zurück zum Auto und zum nächsten Highlight.

Das Internet (welches bekanntlich nie lügt) hat behauptet, dass es in knapp einer Stunde Autofahrt südlich ein verlassenes Haus gibt. Vor dem Haus steht ein verlassenes Auto und dahinter verläuft ein verlassenes Privatgrundstück (welches man aber auch schon früher durchqueren durfte) und weil das alles so ist, wäre es eine gute Idee, dass man da wandern geht. Warum man das will? Ganz einfach: Es gibt dort Wasserfälle.

In Bildern sieht das dann etwas so aus…

Verlassenes Auto vor dem Haus

Gefolgt vom…

Verlassenes Haus oder künftiger Sommersitz?

Ja ok, vom Privatgrundstück habe ich jetzt kein gelungenes Bild. Stellt euch einfach eine Fläche vor, wo die isländische Natur seit einer Weile tut was sie will und die Summe mancher Menschen einen Trampelpfad erzeugt hat. Wir kommen gleich zu den Wasserfällen.

Und weil das hier alles etwas „abgelegen“ ist, verirren sich trotz der sehr nahen Stadt kaum Menschen hierher. Vielleicht sollte ich wirklich mal darüber nachdenken, ob ich das verlassene Haus nicht als Sommersitz aufbaue… ich vertage dieses Thema lieber einmal mehr. Für den Moment ist da Freude, dass man dieses kleine Paradies gefunden hat. Wir haben es mehrere Stunden regelrecht inhaliert. Eine gute Zeit und so ganz nebenbei entstanden diverse Aufnahmen, die man dann auch gern zeigt.

Instagram lässt grüßen

Da wir von unserer geplanten Route damit aber eigentlich gerade noch nichts geschafft hatten, mussten wir uns doch so allmählich mal auf den Weg machen. Selbstredend fahren wir dann trotzdem nicht stumpf drei Stunden die Ringstraße entlang. Unser nächster Halt war der Canyon mit dem Namen Kolugljúfur.

Da habe ich gemischte Gefühle. Die Schlucht selbst ist über jeden Zweifel erhaben. Die Wassermassen dröhnen da durch als würde Njörd persönlich jedem Wassertropfen gehörig in den Hintern treten. Die Steinformationen drumrum bezeugen, dass hier wirklich wilde Dinge in der Natur passieren. Das Moos und die anderen Gewächse, sind völlig durchnässt und in einem Grün, welches an Urwald erinnert. Also ja, der Canyon ist ein Augenschmaus und dazu auch noch sehr gut von der Ringstraße erreichbar.

Blöderweise wissen das auch jene Touristen, die ich heute früh schon gern vom Troll erschlagen gewusst hätte. Ich werde es wohl nie verstehen, warum man über Absperrungen klettern muss, nur um dann allen im Weg zu stehen. Dabei bitte schreien – der Partner 20m entfernt soll endlich winken. Überall surren Drohnen und unterm Strich hatte ich das Gefühl, dass so manch ein Urlauber nie den Unterschied zwischen Natur und Rummel gelernt hat. Für mich, als Einsamkeits-Liebhaber schon eine sehr nervende Erfahrung. Ich erinnere ans Protokoll: Natur gut, Menschen,… puh, haben sich jetzt nicht unbedingt für mehr empfohlen. Für ein paar schöne Bilder hat es letztlich aber auch hier gereicht.

Also wieder ins Auto und weiter. Die nächste Geschichte entstand an einer Tankstelle. Als ich an die Zapfsäule fuhr, tat ein Isländer das gleiche an der Zapfsäule gegenüber. Ich öffnete meine Tür, er die Seine. Ich stieg aus, er stieg aus. Unsere Blicke trafen sich für einen Bruchteil eines Moments und ich drehte mich in der fließenden Bewegung des Aussteigens zum Tankdeckel. Auf einmal „Hi…“ von gegenüber.

Ich drehe mich zurück und sage „Hi, hvad segir þú?“ Sinngemäß „Wie geht’s?“ und der gute Mann fing an zu reden, schnell und viel. Schon nach den ersten Silben war ich völlig verloren und winkte ab. Dazu der englische Hinweis, dass mein isländisch für seinen Tiefgang nicht ausreicht. Mein Gesprächspartner schaute sehr verwirrt drein, schmunzelte, zeigte auf sein Ohr und sagt „Siminn“ -> Telefon. Gut…. die Fahrt ging dann vollgetankt aber ohne neuen isländischen Freund weiter. Immerhin hat meine Frau die Gunst der Stunde genutzt und aus der Post (neben der Tankstelle) während meines Intermezzos Briefmarken besorgt.

Die folgende Stunde verbrachten wir in einer Wolke. Akureyri selbst liegt in einem Tal und so hatte es auf jeden Fall auch noch mal Highlight-Charakter, als man endlich aus diesem Nebel-Regen-Mix entkam und eine florierende, lebendige Stadt sah. Kleines Schmankerl in Akureyri sind übrigens die roten Ampeln.

Stadt mit Herz

In der Urlaubsromantik gab es dann noch Abendessen von der Tankstelle. Außerdem landeten dabei getrocknete Hartfischteile im Warenkorb. Unsere isländisch Lehrerin meinte, die snackt man hier so nebenbei und was soll ich sagen… Es ist halt getrockneter Fisch. Bissi hart (vergleichbar vielleicht mit trockenem Brot) aber durchaus essbar. Unterm Strich fühle ich mich am Tagesende dadurch ein wenig mehr isländisch, als noch zu Tagesbeginn.

Das war also die Geschichte von heute. Für Morgen gibt es bislang noch keinen Plan. Das wird sich aber sicherlich noch ändern. Und wer weiß, vielleicht bin ich morgen Abend dann sogar noch isländischer 😉

In diesem Sinne

Habe die Ehre
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