Das Nicht-Schweigen der Lämmer
Gestern haben wir unsere Fahrt mal unterbrochen, um im Schnee zu tanzen. Abends hat dieses Erlebnis noch immer ein Lächeln hervorgerufen. Im Blog war zu lesen, dass wir bis dahin noch nie Schnee in Island erlebt hatten und es galt, diesen kurzen Moment für immer festzuhalten. Und weil Island uns mag, hat es natürlich auch meinen Blog gelesen und sich gedacht „Da geht noch mehr…“.
Mitte Mai hat Island spontan den Winter zurückgerufen und alles weit und breit in solides schneeweiß getunkt. Ein amtliches Schneegestöber zog über uns her. Die ersten paar Stunden des Tages hatten wir damit eine recht gute Begründung, eher nicht aus dem Haus zu gehen. Als der Schnee sich legte, war es dafür umso schöner.

Ich habe damit auch meine ersten Drohnenbilder eines verschneiten Island. Auch wenn wir erst gegen Mittag so richtig ins rollen kamen – der Tag kann nur gut werden.
Zumal ich auch noch berichten möchte, dass während des Sturms zwei Fellnasen hier rumtobten. Einer von ihnen entdeckte mich und…

Wir haben dann eine Erkundungstour zum Supermarkt gemacht. Einfach mal schauen, wie die Straßen so sind. Laut road.is hieß es nämlich, dass es Eisflächen gibt oder hier und dort Schnee / Schneematsch. Aber dort wo wir waren, sahen die Straßen soweit gut aus. Kein Rutschen, keine durchdrehenden Räder – kurz gesagt, haben wir uns mit diesen Konditionen auch weitere Touren zugetraut.
Der erste Stopp kam allerdings doch recht schnell. Quasi nebenan zu unserem Cottage befindet sich der Kirkjufellfoss. Der passende Wasserfall zum hiesigen Berg Kirkjufell. Das Motiv von Wasserfall und Berg ist mittlerweile wohl auch über die Grenzen Islands hinaus berühmt. Es gibt von Ravensburger zum Beispiel ein Puzzle davon und in diversen Listen von Reiseführern wird dieser Ort als einer der schönsten Flecken Islands aufgezählt,

Von diesem Promi der Fotomotive ging unser Weg nach Olafsvik und dort zum Bæjarfoss. Dieser Wasserfall liegt quasi mitten in der Stadt. Ein Parkplatz direkt davor lässt vermuten, dass es manchmal auch mehrere Menschen hier gibt. Heute waren wir dort allerdings sehr allein. Mir gefällt eigentlich alles an dieser Konstellation.

Als nächstes ging es zum Sender Gufuskálar. Es handelt sich hierbei rein formell um das höchste Gebäude Islands. Die Antenne reicht über 400m in die Luft und… niemand interessiert sich für stumpfe Zahlen zu einer Antenne, oder? Klar, ist mal nett zu sehen aber wir hatten dann doch lieber Blödsinn im Kopf und damit sind dann solch erwachsene Bilder entstanden.

Lasst uns einfach weitermachen. Direkt nebenan liegt nämlich ein historisch spannenderes Objekt. „The Irish Well“ also der irische Brunnen oder isländisch Írskrabrunnur. Es handelt sich dabei um einen Brunnen, von dem niemand weiß, warum er so heißt und genau für diesen Umstand wurde eine Infotafel davor aufgestellt. Hier werden unwissende Touristen mit Unwissenheit zu Mitunwissenden gemacht. Und Dank dieses Absatzes, habt ihr nun auch ein wenig mehr Unwissen und seid Teil der ganzen Unwissenheit. Gern geschehen.

Weiter geht es mit Kultur und Geschichte des Landes. In der Nähe soll ein alter Leuchtturm sein und es müsste doch mit dem Teufel zugehen, wenn es auf dem Weg nicht auch noch das ein oder andere Highlight gibt.
Wir bogen einmal mehr auf eine Straße ein, die den Namen Straße kaum verdient. Eine aufeinanderfolge Zumutung von Schlaglöchern führte uns zuerst zu einem Strand. Wenn mich in Deutschland jemand nach Strandurlaub fragt, roll ich gern mal mit den Augen und sage, dass das sicher nett für manche ist – ich bin da aber raus. Langsam glaube ich, es kommt einfach stark auf den Strand an. In Island stehe ich wirklich gern am Strand. In diesem Fall war es der Skarðsvík.

Oft genug kriegt man in Island das Gefühl, der Ozean will sich das ganze Land einverleiben. Es fühlt sich fast zornig an, wie die Wellen gegen das schwarze Gestein krachen und dann schäumend vor Wut zurück ins Meer wabern, nur um wenige Augenblicke später den nächsten Versuch zu starten. Ich schau diesem Getöse echt gern zu.
Kurz danach kamen wir beim Leuchtturm an. Dieser steht am Rande der Klippen und sieht irgendwie eher mediterran aus.

Und so steht ein Leuchtturm eben in der Gegend rum und sieht erstmal beeindruckend aus. Speziell bei der rauen See und dem holprigen Weg hierher kann die Phantasie schon mal beim Gedanken hängenbleiben, dass das Leben hier einst deutlich schwerer war.
Apropos Klippen: Hier knallten die Wellen noch höher gegen die Wände. Ich würde sagen, dass wir hier locker Wasserfontänen im Bereich 10-15m hoch erleben durften. Völliger Wahnsinn.

Wir sind mit diesen Eindrücken wieder zurück zu unserer Unterkunft. Wir wollten den Abend ruhig ausklingen lassen und… dann standen da Lämmer in unserer Einfahrt.
Die Besitzerin des Bauernhofs winkte uns fröhlich zu und meinte nur, lauft gern überall rum und habt viel Spaß. Sie erklärte uns auch, dass die kleinen Lämmer quasi taufrisch sind und nun zum ersten mal rauskommen. Wenn sie rumschreien liegt das primär daran, weil sie ihre Mama suchen.
Ein kleiner Schreihals war mir dann sehr zugetan. Er hatten augenscheinlich viel Angst vor mir aber wenn ich wegging, lief er mir nach, ging ich auf ihn zu, lief er im gleichbleibenden Abstand vor mir weg. Ich war zumindest spannend. Und mit der Zeit wurde der Abstand kleiner und kleiner. Ich weiß auch nicht genau wie es passiert ist, aber ich denke, ich bin nun Mutter eines Lamms.

Ja und dann durften wir mal mit ins Gehege. Der Hof hat über 60 Ziegen und Schafe und zurzeit ist „Lambing Season“ – Jene Zeit, wo die Lämmer geboren werden. Unserer Gastgeber sind Vollblut-Farmer und vermutlich die knuffigsten Isländer, die wir bislang kennenlernen durften. Sie zeigten uns alle Tiere. Darunter sehr viele Lämmer, die gerade mal 1-2 Tage alt waren. So süß!
Es dauerte nicht lang und ein Schaf, welches uns als hochschwanger vorgestellt wurde, leckte einen glibbrigen Fellball auf dem Boden. Da ist doch tatsächlich gerade ein Lamm geboren. Die Freude darüber war schon sehr besonders. Doch kurze Zeit später – war da noch ein zweites Lamm.

Völlig verrückt. Wir waren völlig hin und weg. Vor allem, als dann ein paar Minuten später Nummer 3 im gleichen Gehege saß.

Ich fand es auch wirklich beeindruckend, wie schnell die Kleinen stehen und laufen können. Als das dritte Lamm zur Welt kam, konnten die ersten beiden schon ganz okay auf den Beinen stehen. Klar, es wackelt noch alles und sieht super unbeholfen aus aber in ein paar Tagen springen die hier sehr sicher schon fröhlich über die Wiesen.
Völlig euphorisiert haben wir dann noch ein wenig mit unseren Gastgebern geplaudert. Das Gespräch fiel auf Drohnen und sie erzählten, dass sie sich auch eine Drohne besorgt haben, um damit zu schauen, wo die Schafe sind. Sie hätten sogar die Idee, dass man mit der Drohne die Schafe zusammentreiben könnte. Allerdings war noch unklar, wie gut das funktioniert.
Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Ich hatte angeboten, dass ich mal ausprobiere, wie gut sich Schafe von einer Drohe treiben lassen. Fix die Drohne ausgepackt und zu den Schafen geflogen. Auf circa 5m Höhe konnte ich um die blökende Truppe kreisen – es passierte nichts. Auf 2,5m Höhe – ein paar fragende Blicke der Schafe aber sonst keine Reaktion. Knapp 60cm über dem Boden… sie waren irritiert aber sind artig dahin gelaufen, wo ich sie haben wollte. Wenn man mal sieht, wie eine Schafsherde von einer Drohne getrieben wird… ich fand es sooo lustig. Und was soll ich sagen? Es funktioniert. Drohnen-Schafshirte wird sehr sicher ein neuer Punkt in meinem Lebenslauf.

Und da man auf Privatgrund in Island mit der Drohne fliegen darf, kann ich ein Bild vom eigentlich im Flugverbot liegenden Kirkjufell zeigen.

Es war ein aufregender Tag und zum krönenden Abschluss haben wir uns vorhin erstmal Nudeln mit Tomatensauce gemacht. Das Leben kann echt gut sein. Morgen geht es in die Westfjorde. Wer das Reisetagebuch vom letzten Jahr noch kennt, erinnert sich vielleicht, dass die Westfjorde und ich eine sehr heiße Affäre miteinander hatten. Wir werden sehen, ob das Feuer morgen wieder entfacht wird.
In diesem Sinne
Habe die Ehre
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Ich bin so froh, dass du nach Island fährst – dann kann ich zumindest virtuell dort hin…. Wahnsinns Tag und dann noch Nudeln🙃
Ernsthaft: es klingt großartig und die Fotos sind grandios. Weiter viel Freude euch
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So ein lieber Kommentar ❤️
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Ach ja, ich kann mich da nur anschließen. Es ist echt schön, irgendwie dabei zu sein und es könnte keine bessere morgendliche Unterhaltung beim ersten Kaffee geben. Fehlen nur noch die Links zur Playlist im Auto.:) Habt weiterhin einen wunderbaren Trip.
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Der beste Soundtrack von Island sind die Wellen, die gegen die Steine klatschen. Ich fürchte aber, dass Spotify hier nur unzureichend das echte Gefühl vermitteln kann 😉
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Blauer Himmel? Das ist doch nicht mehr DEIN Island 😉 Aber tolle Fotos, sowohl mit der neuen Cam deiner Frau, als auch mit der Drohne. Hast du das Schaftreiben wenigstens gleichzeitig gefilmt? Apropos Schafe, ihr habt den Film „Lamb“ noch nicht gesehen, oder? Hätte zu der Situation gepasst 😉
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Keine Sorge, heute hatten wir teilweise das Vergnügen mit Sichtweiten unter 50m arbeiten zu müssen 😉 Und klar hab ich das Schafehüten auch gefilmt – der Aufnahmeknopf wird bei mir quasi noch vor dem Powerbutton gedrückt 😉
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