Wir erkämpfen unseren Urlaub
Als Erwachsener habe ich gelernt, dass Urlaub nicht gleich Urlaub ist. Manch einer gammelt gern den ganzen Tag am Hotelpool, manch einer läuft mit einer Machete durch den Dschungel und wir, wir werden eben krank. Wobei das wir nur bedingt stimmt, denn ich bin nicht krank. Allerdings habe ich es heute geschafft irgendwie fallend, knickend, tretend mit einem Stein das physikalische Grundprinzip auszuprobieren, wo ein Körper ist, kann kein anderer sein. Stellt sich raus – das ist ein schmerzvoller Fakt. Ich kann immerhin auftreten und laufen. Von daher wird es wohl nur geprellt sein oder noch weniger – trotzdem schmerzt es und ist dazu völlig unnötig doof.
Meine Frau Gattin dagegen kämpft wie ein Bär. Einerseits zeigt sich das durch den täglichen Winterschlaf, andererseits versucht sie sich durchzubeißen. Leider ging das gestern unter anderem auf Kosten meines Lammfleischs. Aber Spaß beiseite – es war wirklich gut zu sehen, wie sie endlich Appetit hatte und offenkundig auch genug Hunger. Ihr Körper hat es auch umgehend gedankt. Es ist müßig aber es geht vorwärts.
Die Kräfte reichten dann heute erwartungsgemäß noch nicht für das normale Pensum. Wir haben uns so organisiert, dass wir uns mehr oder minder direkt zum nächsten Hotel bewegen. Für die Fahrt haben wir das Auto gar so vorbereitet, dass es für sie optimale Schlafbedingungen auf der Rückbank gibt. Allerdings konnte sie so einfach doch nicht schlafen. Denn unser Weg begann erstmal mit einem Wasserfall.

Die weitere Fahrt war etwas wasserfallärmer aber nicht minder schön. Denn während man in Europa irgendwann dachte, dass die kürzeste Strecke zwischen zwei Punkten eine Gerade ist, kam man zur gleichen Zeit in Island auf die Idee, dass man Straßen ausschließlich an der Küste entlang ziehen muss. Fürs Protokoll – ich stelle hier nur Dinge fest – ich beschwere mich nicht. Denn schließlich, sind die Strecken eigentlich immer wunderschön.

Nach gut 1,5h kamen wir dann beim Dynjandi und seinem „Walking Trail“ an. Nach einer sehr rauen Straße steht man hier an einem Punkt, der mich zur Demut zwang. Denn während wir hier die schroffe Natur mit allen Ecken und Kanten genießen und aufsaugen können, war vor dem Dynjandi die Idee des Tourismus sichtbar geworden. Da gab es Parkplätze für Elektroautos, Toilettenhäuschen und Picknick-Tische mit Bänken. Es fügt sich alles in ein Gesamtbild und geht schon in Ordnung. Trotzdem darf man wohl vermuten, dass die Entwicklung in Island immer mehr in diese Richtung geht. Eines Tages wird man dann nicht mehr auf matschigen Straßen seinem Ziel entgegen schliddern. Stattdessen vermute ich: Reisegruppen die einem Einheimischen folgen, welcher einen Schirm in der Hand. Der Entdeckergeist dürfte so nach und nach aussterben. So gesehen, haben wir gerade trotz all der Umstände einen guten Urlaub.
Aber als Tourist bin ich ja irgendwie Teil des Problems und wir wollen hier ein Reisetagebuch pflegen und keine Diskussionsrunde über die Vor- und Nachteile der Tourismusbranche. Daher zurück zum Text. Wir standen als am Trail. Meine Frau hatte an dieser Stelle den Plan dann doch mal in die Horizontale zu wechseln. Für mich also der Startschuss auf Erkundungstour zu gehen.
Und diese Tour lohnt sich. Da man hier im Grunde nur geradeaus geht, kann ich mich auch nicht verlaufen. Ich konnte also sorgenfrei lostapern und Fotos / Videos machen. Der erste Wasserfall kam auch gleich.

Dazu sei gesagt, dass ich mit der Kamera meiner Frau loslief. Meine Frau ist eher der Typ „weiß wie eine Kamera geht“ – ich bin das nicht. Sie hat mir im Crashkurs gezeigt, wie ich zwischen Foto und Video wechsle und wie ich Zeitlupenaufnahmen mache. Ich bin mit meinen Ergebnissen dennoch ziemlich zufrieden.

Ich muss ja auch niemanden erzählen, dass ich unzählige Aufnahmen habe, wo der Fokus nicht stimmte oder ich mit meinen Wurstfingern den ISO Wert auf Atomexplosion gestellt hatte, sodass man gar nichts sieht. Wir bleiben daher weiter bei Bildern, die in Summe professionell anmuten.

Und so schlenderte ich meine Meter vorwärts und hatte sofort den nächsten Wasserfall vor Augen. Eigentlich eine schöne Umgebung und dennoch war mein Herz ein wenig schwer, da ich schon öfters daran dachte, dass meine Frau hier vermutlich immer noch irgendwas anderes sehen würde oder noch ein wenig mehr aus den Moment rausholen würde. Ihr merkt schon, heute bin ich etwas wehmütig.
Die Natur gab sich jedoch alle Mühe, mich auf andere Gedanken zu bringen. Island kann durchaus spektakulär und belohnt einen gern auch mal, wenn man einfach ein paar Schritte weitergeht.

Mit dem Weg kam ich auch immer höher. Man kraxelt hier vielleicht in Summe auf 300-400 Höhenmeter. Das ist mit der Kondition eines dicken Mannes im mittleren Alter auf jeden Fall machbar. Da die Steigung hier aber nicht überall gleich ist, ergibt sich, dass es nun langsam auch Wasserfälle gibt, die deutlich tiefer fallen.

An dieser Stelle übrigens beste Grüße an meinen ehemaligen Kollegen Harald. Als wir damals Bilder im Büro aufgehangen haben und passende Motive suchten, kam der Satz „Vordergrund macht Bild gesund“. Wie es im Leben so spielt, hat sich dieser Satz eingeprägt und so versuche hier und dort auch nicht nur stumpf die Kamera auf ein Ziel zu halten sondern dem Auge etwas angenehmes zu tun zu geben. Wie erfolgreich das ist, ist natürlich subjektiv – ich für meinen Teil bin zufrieden mit mir. Und natürlich kommt jetzt ein Bild, was kaum mehrere Ebenen der Tiefe hat. Dafür ist es der eigentliche Star des Weges. Der Dynjandi

Theoretisch kann man sich direkt vor ihn stellen. Das ist schön aber auch nass und irgendwie war mir da heute nicht nach. Für mich ging es damit also wieder zurück. Wer sich fragt, wie der Weg da oben aussieht, für den hab ich dann auch noch ein Bild. Mit dem Fjord vor Augen, macht so eine Strecke schon viel Spaß.

Selbstredend darf ein Bild dann natürlich am Ende dieses Ausflugs nicht fehlen. Die aufmerksamen Blogleser kennen bereits die Spiegelbilder und auch hier, habe ich mir das natürlich nicht nehmen lassen.

Für uns ging die Reise dann in die grobe Richtung der nächsten Unterkunft. Allerdings hatten wir beschlossen, dass wir vorher nach Ísafjörður fahren. Die Stadt hat gut 2.700 Einwohner und ist für die Region quasi Dreh- und Angelpunkt. Wenn man sich (wie wir) nun zwei Tage im Nirgendwo aufgehalten hat, wirkt die Stadt wirklich groß. Dann fällt mir ein, dass ich in Berlin in einem Hochhaus wohne, indem allein locker über 1.000 Menschen leben. Wie dem auch sei – unser Weg führte uns zum Supermarkt und zur Tankstelle. Heute Abend gibt es vielleicht nicht unbedingt das traditionellste Essen aber wir hatten Bock drauf: Eiernudeln und immerhin gibt es die hier mit Lammfleisch.
Soweit die guten Nachrichten. Der unangenehme Part dieses Abschnitts war die Autofahrt selbst. Wisst ihr, ich mag schmutzige Straßen mit Schlaglöchern. Ich kann auch stundenlang auf Autobahnen oder Landstraßen Spaß haben – aber – einspurige Tunnel die mehrere Kilometer lang sind – mit Gegenverkehr den man nur alle paar hundert Meter in kleinen Nischen ausweichen kann…. nicht so meins. Zu allem Überfluss fahren wir den Tunnel morgen noch mal. Ich hab jetzt nicht so viel Lust…
Lasst uns doch lieber bei den schönen Dingen bleiben. Zum Beispiel wäre da, wie es hier aussieht.

Unser Hotel schaut quasi genau auf die Berge des Bildes. Es ist schön hier. Theoretisch wäre es wohl sehr ruhig hier aber ein paar Vögel haben eine andere Meinung. Bislang finde ich die Geräuschkulisse aber durchaus unterhaltend. Die Vögel hier klingen sehr anders, zu allem was man aus Deutschland kennt. Manchmal klingt es, als hätte jemand ein Plastikrohr mit Löchern in die Luft geworfen, manchmal wie eine defekte Luftpumpe. Ich nehme an, dass das alles zum Balz- und Brutverhalten gehört aber vielleicht sind Vögel auch einfach glücklich, wenn sie wirre Geräusche machen.
Nach diesem schönen Impuls aus dem Bereich der Ornithologie schließen wir mit der Erkenntnis, dass ich dazu neige Instagramm Spots zu finden, wenn sich meine Frau zum schlafen legt.
Heute habe ich in der näheren Umgebung einen Pier entdeckt, welcher mal eben den gesamten Fjord als Kulisse nutzt und einsam und verlassen aber eben sehr fotogen hier rumsteht.

Google Maps behauptet übrigens, dass neben dem Pier ein Flughafen ist. Ich hoffe einfach mal sehr inständig für die Pferde die dort rumstanden, dass das falsch ist.
Der Tag wäre damit auch geschafft und ehrlicherweise tut mein Fuß mittlerweile doch ganz vernünftig weh. Ich werde mir also jetzt eine bequemere Position suchen. Den Blog schreibe ich übrigens gerade so, dass ich auf dem Bett sitze, den Laptop aufs höhergelegene Fensterbrett gestellt habe und ergonomisch völlig fehlerhaft alle Gliedmaßen verbiege um halbwegs schwungvoll tippen zu können. Seht die körperliche Aufopferung als Dank, für die vielen Klicks, über die ich mich ehrlicherweise wirklich freue.
In diesem Sinne
Habe die Ehre
X
PS: Auch heute wieder ohne Korrekturlesen. Ihr kriegt es wieder hin 😉
Hehehe, Danke für die nette Erwähnung 😉 By the way, was machst du mit der Kamera??? ISO??? Stellt man auf Automatik und gut is (okay, außer man macht LZB, dafür gäbe es aber auch noch BULB), scharfstellen macht die Kamera über Autofokus. Als DSLM Legastheniker stellst du die Kamera eh am Besten auf P 😂 Aber sind doch gute Bilder geworden. Wenn das mit Insta was werden soll, darfst du dich aber nicht gaaaaaaaanz soweit wegstellen, die Person spielt durchaus auch noch ne Rolle. Achja, hätte noch ein O für deinen Text (also statt als), der ansonsten wie immer sehr sprachgewandt daherkommt und m.M. keine weiteren Fehler aufweist. Wie immer bissi kahl, nass und grau dieses Island, aber wers mag 🏖️🌴☀️🥳
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Ich weiß, ich weiß – geht alles von allein aber ich komm mit meine Wurstfinger überall gegen und dann blinken tausend Sachen und…. Technik halt 😉
Und wegen Insta: Ich glaube, dafür reicht mein Geltungsdrang nicht und/oder ich hab zu wenig Busen 😀
Danke auch einmal mehr fürs Kontrolllesen. Ich hab leider noch paar Fehler entdeckt aber man versteht wohl, was ich sagen möchte 😉
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