Drohne, Wasser, Sandsturm

Ein normaler Tag in Island

Liebes Tagebuch, heute fühlte es sich kurz so an, als hätten wir gar nicht so viel gemacht. Nun habe ich die letzten 45 Minuten damit verbracht, im Schnellverfahren ein paar Bilder rauszusuchen und denke, dass das Gefühl täuschte. Auch heute war ein wunderbarer Tag mit vielen schönen Erlebnissen.

Die Sonne schien und das Thermometer kletterte auf hochsommerliche 17°C. Ich habe seiner Zeit mal gelernt, dass Eis und Schnee bei Temperaturen über 0°C schmelzen – in Island läuft das irgendwie anders und ich habe bislang nicht herausgefunden, wie genau. Wir fuhren in den Mjóifjörður und auf dem Weg lag teilweise (völlig unbeirrt von den Temperaturen und der Sonne) meterhoch Schnee.

Sommerschnee

Die Straße war indes sehr gut geräumt. Trotzdem ist das eine abgeschiedene Ecke, selbst für isländische Verhältnisse und der Weg dementsprechend holprig. Mir macht so eine Fahrt sogar Spaß. Wenn das Auto schunkelt und man Slalom um die Schlaglöcher fährt, da schlägt mein Autofahrerherz höher. Vor allem lohnt sich so eine Fahrt in Island quasi immer.

Einfahrt zum Meer

Wir haben dieses Ziel übrigens gewählt, weil es hier ein altes Wrack eines U.S. Bootes geben sollte. In der Tat fanden wir ein Wrack aber… das war schon sehr zerfallen und traf nun nicht gerade meinen Sinn für Ästhetik. Aber Dank der hohen Berge um uns, war es dort relativ windstill. Mehr Einladung brauche ich für die Drohne nicht.

Sehr zerwrackt

So eine Drohne ist an solchen Orten wie ein Hund. Selbst wenn man keine Lust hat, man muss einfach ein bisschen spazieren gehen und die Umgebung erkunden. Ich flog heute wieder den ein oder anderen Akku leer und hatte dabei sichtbar viel Spaß.

Auto, zwei Flugzeuge, Schiff

Der Fjord selbst hat dann natürlich noch deutlich mehr Schönheiten zu bieten. Überall fällt Wasser an den Bergwänden hinunter. Diverse Vögel flogen durch die Gegend und ich glaube, dass es Gänse waren, die lautstark ihre Unzufriedenheit über unsere Anwesenheit ausdrückten.

Ungeachtet des Störgefühls der Gänse blieben wir noch eine Weile am Kliffbrekkufossar stehen. Es handelt sich hierbei um einen sehr beeindruckenden Wasserfall der sich malerisch durch die Landschaft schlängelt. Die Aufgabenverteilung sah hier so aus, dass meine Gattin zu Fuß die Umgebung unsicher machte und ich mit der Drohne den Luftraum kontrollierte.

Version vom Boden

Ehrlich gesagt gab es für mich das ganz simple Problem, dass der kleine Wanderweg erst nach einer Flussüberquerung losging. Da lagen zwar wieder wackelige Steine und für meine Frau war das alles kein Problem – ich für meinen Teil bin dann aber doch lieber mit trockenen Füßen geflogen. Gleichgewicht kriege ich erst im nächsten Leben.

Version aus der Luft

Ein wenig beneide ich sie schon um ihre Balance und das Selbstverständnis, dass man nicht pauschal ins Wasser fällt, wenn man über Steine im Wasser geht. Ihr Lohn ist, dass es Fotos von ihr gibt, wie sie allein im Nirgendwo steht.

Vermutlich der erste Mensch dort…

Nach einer Weile trennten wir uns vom Fjord und sind weiter zu einem der größten Touristenmagneten der Region – dem Stuðlagil. Der Canyon ist in vermutlich allen Urlaubsprospekten Islands zu sehen. Falls ihr euch jemals im Internet irgendwelche Hochglanz Videos über Island angesehen habt – Stuðlagil war sehr sicher dabei.

Unsere Tour dorthin war allerdings erst etwas beschwerlich. Wir hatten gelesen, dass man lieber die Wanderroute zum Canyon nehmen sollte. Die Aussicht sei um ein vielfaches besser und überhaupt und sowieso. Wir sind deshalb eine wirklich sehr abenteuerliche Straße entlang geholpert und haben uns dann auf den Wanderweg begeben. Man läuft hier entlang einiger Wiesen und dem zukünftigen Abendessen meiner Frau. Der Gag wird nie alt – genau wie die Lämmer. #böse

Nom Nom?

Es sollte eine gute halbe Stunde Wanderung mit starkem Gegenwind brauchen, bis wir merkten, dass der Weg sich doch wirklich arg lang zieht. Irgendwo am Horizont erahnten wir, wo das Ziel sein könnte. Da der Wind heute die Angewohnheit hatte viel Sand mitzunehmen, zogen wir es vor, umzudrehen und den einfacheren Zugang auf der anderen Canyon-Seite zu nutzen. Einfacher bezieht sich hierbei aber ausdrücklich auf die Anfahrt. Der Weg zum Stuðlagil erfolgt auf dieser Seite über eine Treppe.

„einfacher“

Runter ist das bekanntlich immer kein Problem aber man weiß auf dem Weg natürlich auch schon, dass man irgendwann wieder hoch muss. Leider war auch auf der Seite der Wind mit erhöhtem Sandanteil schon sehr präsent. Wir waren sehr viel damit beschäftigt uns Sandkörner aus den Augen zu wischen. In den Momenten, wo wir normal sehen konnten, hat sich der Stuðlagil durchaus gelohnt.

Die Internetdiskussion, welche Seite schöner ist, vermag ich offen gestanden nicht final zu beantworten. Auf der Seite, wo man hinwandert, hat man einen direkten Zugang zum Canyon und kann sich dann direkt vor die Basaltsäulen stellen. Das hat sicherlich seinen Charme und man ist insgesamt näher dran. Wenn man von der Zeit her nicht gerade früh morgens oder spät abends da ist, dann stehen da so viele Leute, dass man sehr sicher nie allein auf dem Bild ist. Ganz zu schweigen von den Experten, die irgendwo auf Felsen klettern müssen, um dann wirklich allen das Bild zu versauen.

Auf der Treppenseite dagegen waren wir recht allein und ich muss sagen, dass mir persönlich diese Variante besser gefallen hat. Man bekommt ein schönes Gefühl für den Canyon, hat einen wunderbaren Blick aufs kristallklare Wasser und Basaltsäulen habe ich auch gesehen. Klar, die 5-Millionen Treppen sind nicht unbedingt zu empfehlen aber in meiner Welt ist ein kurzes Intervall mit vielen Stufen immer noch besser als stundenlanges Wandern um dann zwischen Influencern zu stehen. Am Ende muss es jeder selbst für sich entscheiden.

Ein weiterer Vorteil unserer Seite war, das wir dann relativ schnell flüchten konnten. Der seit Tagen dominierende Wind hat sich überlegt, zu einem ausgereiftem Sandsturm zu mutieren. Das ist einerseits sehr unangenehm wenn man draußen ist, andererseits macht es so eine Autofahrt schlagartig viel abenteuerlicher.

Sandmännchen in Island?

Mittlerweile sind hier auch schon wieder ein paar Straßen gesperrt. Ein wenig mulmig ist mir dabei schon. Schließlich fing es letztes Jahr ziemlich genau hier, genau so an. Morgen wollen wir dann auch genau die Strecke fahren, wo letztes Jahr dann die Polizei vor uns stand und meinte „Wegen Sturm ist die Straße gesperrt“. Die Prognosen bislang sehen nicht ganz so schlimm aus, wie letztes Jahr – trotzdem – Daumen drücken wird gern gesehen.

Unseren Abend haben wir übrigens in Seyðisfjörður verbracht. Heute kam hier eine riesige Fähre an und hat spontan die ganze Stadt mit Menschen überfüllt. Es gelang uns trotzdem, im gleichen Lokal wie gestern ein Stück Lamm zu ergattern und die vermutlich besten Backkartoffeln Islands zum Abendessen zu bekommen.

Regenbogenweg zur Kirche

Mit vollem Magen und der Hoffnung, dass es Morgen schon irgendwie alles gut werden wird, verabschiede ich mich für heute.

In diesem Sinne

Habe die Ehre
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